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DISKRETE MATHEMATIK
Erich Prisner
Sommersemester 2000

Ableitungen

Es gibt verschiedene Ableitungssysteme. Wir werden hier das im Buch von Tuschik und Wolter vorgestellte angeben. Wir starten mit 12 sogenannten logischen Axiomen:

Hier sind sieben aussagenlogischen Tautologien, wobei A, B, C beliebige Formeln sind:
  • (1) A ® (B ® A),
  • (2) [A ® (B ® C)] ® [A ® B) ® (A ® C)],
  • (3) (Ø A ® Ø B) ® (B ® A),
  • (4) a) A Ù B ® A, b) A Ù B ® B
  • (5) (A ® B) ® [(A ® C) ® (A ® (B Ù C))],
  • (6) a) A ® A Ú B, b) B ® A Ú B,
  • (7) (A ® C) ® [(B ® C) ® ((A Ú B) ® C],

Als Nächstes geben wir eine Liste von fünf Axiomen, die Quantoren enthalten:

  • (8) " x A(x) ® A(t), wobei t ein beliebiger Term ist, dessen Variablen in A frei sind wo x frei war,
  • (9) " x (A ® B) ® (A ® " x B), wobei x in A nicht frei vorkommt,
  • (10) a) Ø " x Ø A ® $ x A, b) $ x A ® Ø " x Ø A,
  • (11) " x (x = x),
  • (12) " x " y (x = y ® (A ® A')), wobei A' aus A dadurch entsteht, daß x an einigen frei vorkommenden Stellen durch y (frei vorkommend) ersetzt wird.

Dazu kommen noch zwei Schlussregeln:

Abtrennungsregel oder Modus Ponens: Die Formel B ist eine direkte Konsequenz der beiden Formeln A und A ® B.
Generalisierung: Für jede Variable x ist " x A eine direkte Konsequenz der Formel A.

Mit Hilfe dieser 12 Axiome und dieser 2 Schlussregeln wollen wir nun aus den gegebenen Axiomen einer Theorie gültige Sätze ableiten, d.h. beweisen.

Q sei eine Theorie. Eine Folge von Formeln A1, A2,... , An heißt Ableitungsfolge oder formaler Beweis aus Q, wenn für jedes i wenigstens eine eine der Bedingungen erfüllt ist:
  • Ai hat einen Typ wie (1)-(7) oder (8)-(12) oben,
  • Ai ist Element von Q,
  • Ai ist direkte Konsequenz nach Modus Ponens zweier vorhergehender Folgenglieder,
  • Ai ist direkte Konsequenz nach Generalisierung zweier vorhergehender Folgenglieder
Jedes solche Ai heisst aus Q ableitbar (beweisbar).
Abl(Q) ist die Menge aller aus Q ableitbaren Formeln.
Beispiele:

"Abl" ist ein Hüllenoperator, d.h.
  • Q Í Abl(Q),
  • Ist Q Í Q', so folgt Abl(Q) Í Abl(Q'),
  • Abl(Abl(Q)) = Abl(Q),

Schon abgeleitete Formeln können auch benutzt werden. So setzen wir voraus, daß alle in der Liste aufgeführten Äquivalenzen schon abgeleitet sind---das Erleichtert das sonst immens mühsame Ableiten deutlich.

Der folgende Satz ist fast trivial:

Endlichkeitssatz fürs Ableiten Ist eine Formel A aus einer Theorie Q ableitbar, so ist A bereits aus einer endlichen Teilmenge von Q ableitbar.

Der wichtige Zusammenhang zwischen Semantik und Syntax bei Sprachen 1. Stufe wird durch diesen fundamentalen Satz hergestellt: Relativ leicht ist der Beweis, daß jeder aus einer Theorie ableitbare Ausdruck aus ihr folgt. Die Umkehrung gilt auch, ist aber schwerer zu beweisen.

Gödelscher Vollständigkeitssatz: Es sei Q eine Theorie der Sprache (1. Stufe) L. Für jede Aussage A der Sprache gilt: A folgt genau dann aus Q wenn A aus Q ableitbar ist.

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Erich Prisner
erstellt im Juni 2000.