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2.3 Knoten

Knoten sind viel trickreichere Figuren als Flächen, obwohl sie nur aus eindimensionalen Gebilden (einem Faden !) hervorgehen. Der Grund ist darin zu suchen, daß wir uns beim Studium des Knotens nicht mit dem topologischen Typ der Kurve befassen (welcher immer ein Kreis ist), sondern danach fragen, wie die Kurve in den 3-dimensionalen Raum eingebettet ist. Ich will diese Bemerkung vertiefen, weil die vorher genannte Gummiflächen-Geometrie-Bezeichnung hier irreführend ist.

Eine topologische Transformation ist allgemeiner als eine stetige Deformation in dem umgebenden Raum. Alles was gefordert ist, ist eine eineindeutige Abbildung entsprechender Umgebungen eines Punktes. Der umgebende Raum geht dabei nicht mit ein, spielt also keine Rolle. Um einen verknoteten Kreis in einen nicht-verknoteten zu überführen, muß man nur entsprechende Punkte aufeinander abbilden. Ein anderer Weg wäre, zuerst den verknoteten Kreis aufzuschneiden, ihn auseinanderzuziehen (praktisch zu ''entknoten'') und dann wieder so zusammenzufügen, wie er war. Somit werden Punkte, die zunächst nahe beieinander liegen, bei jedem Durchziehen voneinander entfernt, um am Ende wieder dicht beieinander zu sein; das ist alles, was benötigt wird.

Zwei Knoten sind im 3-dimensionalen Raum topologisch äquivalent, wenn eine topologische Transformation für den ganzen 3-dimensionalen Raum existiert, die einen Knoten in den anderen überführt. Das ist eine weit strengere Forderung als einfach Knoten topologisch in Beziehung zu setzen. Wir wollen dies als ''Knotenäquivalenz'' bezeichnen.

Hauptprobleme der Knotentheorie sind:

  1. Man entscheide, ob ein Knoten wirklich verknotet ist.
  2. Sind zwei Knoten gegeben, dann ist zu entscheiden, ob sie äquivalent sind.
  3. Man klassifiziere alle möglichen Knoten.

Bis 1920 gab es keinen mathematischen Satz über Knoten im allgemeinen. Ein deutscher Mathematiker, H. REIDEMEISTER, bewies, daß der gewöhnliche Überhand-Knoten, also das Kleeblatt, nicht äquivalent einer unverknoteten Schleife ist. Er zeigte das durch Zerlegen des Knotens in eine Reihe von Standardbewegungen und im Finden einer Eigenschaft des Kleeblattes, die jede solcher Bewegungen konserviert, die aber nicht für einen gewöhnlichen Kreis gilt. Dies war die erste Knoteninvariante.

Ein hervorragender Knotentheoretiker war Alexander der Große (333 v. Chr.), der den sehr komplizierten Gordischen Knoten entwirrte. Er tat dies durch eine schrittweise ''Schneide- -und Aneinanderklebe''-Technik. Aber er war, wie wir wissen, ja ein stürmischer junger Mann, der das Aneinanderkleben eher als störend und zeitraubend empfand und lieber die Welt erobern als topologische Transformationen machen wollte.

Ein anderer ''knotentheoretischer Alexander'', J. WATSON, führte eine hübsche Knotenvariante ein, die er Alexander-Polynom nannte; eine unverknotete Schleife hat demnach das Alexander-Polynom 1, das Kleeblatt das Polynom tex2html_wrap_inline348 usw. Beide sind verschieden. Folglich sind die Knoten nicht äquivalent. Aber nun gibt es weitere Knoten, z.B. den Weberknoten, den Kreuzknoten, die sogenannte Oma (auch eine bestimmte Vernotung) u.a. - und es zeigt sich, daß das Alexander-Polynom zur Unterscheidung nicht genügt. Also mußten empfindlichere Beschreibungsmaßtäbe benutzt werden, über die hier jedoch nicht detailliert berichtet werden soll.


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Prof.Dr.M.Froehner
Fri Apr 4 15:14:00 MDT 1997